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Freitag, 19. April 2013

Kulturanthropologie, Kommunikation ... und Kapitalismus?

Unter dem Titel "Interkulturelle Kompetenz. Mit Fremdem umgehen lernen" hält Prof. Dr. Jürgen Bolten von der Universität Jena am 16. Mai 2013 einen Vortrag zur aktuellen Ausstellung "GLÜCKSFÄLLE – STÖRFÄLLE, Facetten interkultureller Kommunikation" im Museum für Kommunikation in Frankfurt. Bolten ist aber nicht etwa Anthropologe, Integrationshelfer oder Politikwissenschaftler, sondern er betreut und lehrt Interkulturelle Wirtschaftskommunikation, wie etwa in seinem Projekt "Intercultural Campus" in Jena. Wirtschaft also. Wie kommt es, dass interkulturelle Kommunikation und interkultureller Dialog etwa die Wirtschaft interessieren? Geht es dabei nicht um fluide Themen wie Völkerverständigung, Weltfrieden, europäische Integrationspolitik und vielleicht noch Auslandsjournalismus?
Handelssprache herauskristalisiert, aber auch andere Sprachsysteme gewinnen zunehmend an Bedeutung, wie etwa asiatische Sprachen.
Nur leider ist Vokabeln lernen nicht die ganze Lösung. Sprachwissenschaftler wissen seit langem, dass Kommunikation nur zu einem Bruchteil verbal abläuft. Sehr viel wichtiger hingegen sei die nonverbale Kommunikation, etwa Gestik, Mimik, Auftreten oder Gesprächsverhalten. Der berühmte Sprachwissenschaftler Paul Watzlawick prägte den beeindruckenden Satz: "Man kan
Nein, weit gefehlt! Ohne interkulturelle Kommunikation kein Kapitalismus. Keine Globalisierung, keine internationale Fusionen, kein europäischer Binnenmarkt, keine wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit. Geschäfte machen, das ist nicht nur mit dem Federkiel auf teurem Aktenpapier unterschreiben. Das ist Verhandlungsgeschick und Diplomatie und verlangt nach geschulten Kommunikatoren. Und das nicht erst seit der Erfindung der Brieftaube oder des Schiffscontainers. Eine gemeinsame Sprache sprechen, dass war schon zur Zeit der alten Handelsrouten für Seide und Gewürze durch Afrika ein gemeinsames Ziel der Händler. Schließlich lässt sich so viel besser über Preis und Anzahl der Ware verhandeln - und so verbreitete sich die afrikanische "lingua franca": das Arabische im Norden sowie das Suaheli im Süden.
Und auch in Europa einigte man sich einige Jahrhunderte später vor allem aufgrund des Kolonialismus Englands auf eine gemeinsame Lingua Franca: Englisch. Heute, im 21. Jahrhundert, hat sich Englisch schließlich als weltweit wichtigste Verkehrs- und n nicht nicht kommunizieren."
 Nur - was kommunizieren wir? Ein freundliches Lächeln und Augenkontakt mag hier zum guten Ton gehören und in China eine direkte Beleidigung sein. Es gibt eben doch noch einen signifikanten Faktor, der über Erfolg und Misserfolg von Kommunikation entscheidet: Die Kultur.

Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr und ist mit 4 Euro Eintritt mehr sehr erschwinglich. Ein Besuch empfiehlt sich, nicht nur für Philologen, sondern auch (oder vor allem?) für wirtschaftlich Interessierte!

Isis Mrugalla