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Sonntag, 4. August 2013

"Die arabische Gesellschaft liest nicht"

Comics, Grafiti und Street Art als “Wandzeitung” in Arabischen Frühling 2.0


Barbara Yelin ist deutsche Comic-Zeichnerin und Graphic-Novel-Autorin. Sie lebt und arbeitet zurzeit in München, gibt aber darüber hinaus Zeichenseminare in ganz Deutschland. Nur in Deutschland? Nein, im September und Oktober 2011 war sie für 5 Wochen Gast des Goethe Instituts in Kairo, wo sie neben dem Comic-Seminar, das sie dort gab, Zeit fand, sich graphisch mit dem Arabischen Frühling und ihren Begegnungen auf ihrer Reise auseinander zu setzen. In einem Interview mit dem Goethe Institut berichtet Yelin, wie die Teilnehmer des Workshops versuchten, ihre Erlebnisse, Wünsche und Hoffnungen, aber auch ihre Ängste und den verzweifelten Versuch “alles auf das Bild zu bringen” in ihren “Revolutionscomics” festzuhalten. Zu komplex war es für einige und zu schwierig, das Erlebte zu komprimieren. Vielleicht eine gute Übung für zukünftige Journalisten und Gesellschaftskritiker? Ute Reimar, die damals Verantwortliche für die Bibliotheksarbeit in ganz Nord Afrika, kennt die arabische Literaturszene und Lesekultur. Ihr Credo lautet: “Die arabische Gesellschaft liest nicht.” Um an Informationen zu gelangen, werde das Lesen schließlich zum notwendigen Übel. Da könnten Comics eine effektive Maßnahme zur Verbreitung von Informationen, aber auch zur Annäherung an einen ausgeprägteren Lesehabitus sein. Und natürlich ist da eine Abstraktion und treffsichere, klare Darstellung von komplexen Gegebenheiten unabdingbar.

Erstaunlicher Weise berichtet Yelin, dass fast alle Kursteilnehmer ein positives Ende für ihre Comics ausmalten. Sie selbst hat ihre Erlebnisse in einem Comic-Reisejournal festgehalten, dass heute noch auf der Website des Goethe Instituts in Kairo zu sehen ist. 
Barbara Yelin hielt ihre Erlebnisse bei ihrem Aufentahlt in Kairo im Herbst 2011 im einem Comic-Journal fest.
QUELLE: http://www.goethe.de/ins/eg/kai/kul/mag/cmc/yel/deindex.htm

Heute, 2 Jahre nach dem Ausbruch des Arabischen Frühlings, nach dem Absetzen von Präsident Mubarak, den demokratischen Wahlen, der kurzen Amtsperiode von Präsident Mursi und nach dessen Absetzen durch das Militär nach erneuten heftigen Protesten, sind wieder einmal Comics, Graffiti und Street Art die Medien, die das Geschehen begleiten und kommentieren. Es ist eine Mischung aus Reportage, Protest und Kunst, die nicht nur Kairos Wände schmückt, sondern in der ganzen arabischen Welt zu finden ist. Die ZEIT spricht von einer “Wandzeitung”, welche die Umstürze und Protestbewegungen dokumentieren.

Kunst und Protest - die "Wandzeitungen" in Kairo.
QUELLE:: http://www.tandempost.com/upload/resimler/haber/cairo_graffiti.jpg

“Doch die Botschaften an den Wänden sind vergänglich. Immer wieder werden die Malereien übermalt, entfernt oder verfremdet. Wichtige Zeugnisse der noch immer andauernden ägyptischen Revolution gehen so verloren. "Ich sehe diese Graffiti als historische Dokumente", erklärt Hamdy. Dokumente, die sie bewahren möchte. Gemeinsam mit dem Berliner Autor Don Karl hat die Ägypterin Hamdy deshalb das Buch Walls of Freedom zusammengestellt. Hunderte Aufnahmen, die mehr als 50 Fotografen in den vergangenen zwei Jahren von den Kunstwerken in Ägyptens Straßen machten, tragen die beiden in dem Band zusammen.” ( ZEIT online)
Text: Isis Mrugalla